„Wichtig ist, sein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren“

Der berufliche Weg von Ahmed Ahmedov ist vielfältig und mutig zugleich: Den 32-Jährigen zog es 2010 von Bulgarien nach Deutschland. Um hier Fuß zu fassen, erlernte er zunächst die Sprache und studierte dann IT-Security und Medieninformatik – bis ihm klar wurde, dass er in dieser Branche nicht seine berufliche Zukunft sieht. Mit einer Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau wagte Ahmedov einen Neuanfang und kann heute auf eine erfolgreiche berufliche Laufbahn zurückblicken, während der er 2021 auch den BGL-Bildungspreis erhielt.

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BGL: Wie war Ihr Einstieg in die Berufswelt, als Sie nach Deutschland gekommen sind? Welche Herausforderungen mussten Sie meistern und wie wurden Sie dabei eventuell von Unternehmen unterstützt?

Ahmed Ahmedov: Natürlich ist es erst einmal schwierig, beruflich neu zu starten, wenn man in ein anderes Land einwandert. Ich habe die Sprache nicht verstanden und konnte sie auch nicht sprechen. Deshalb habe ich mich erst einmal mit kleineren Jobs über Wasser gehalten. Ich habe aber ziemlich schnell gemerkt, dass es wirklich notwendig ist, die Landessprache zu lernen und dann einen Sprachkurs gemacht. Anschließend habe ich dann IT-Security und Medieninformatik studiert und nebenbei als Informatiker auch schon Geld verdient.

Fotoquelle: P. P. Braun

Irgendwann kam aber der Zeitpunkt, an dem ich festgestellt habe, dass ich diesen Job nicht bis ins Rentenalter machen möchte. Ich habe mich nach Alternativen umgeschaut und bin auch gerade wegen der Themen des Fachkräfte- und Handwerkermangels auf den Garten- und Landschaftsbau gestoßen. Mit ein bisschen Glück habe ich auch in kurzer Zeit hier den Betrieb gefunden. Mein ursprünglicher Gedanke war es, schnell einzusteigen und mir den Beruf des Landschaftsgärtners nach und nach einfach anzueignen. Da hat mir dann aber mein damaliger Meister den Rat gegeben, lieber eine richtige Ausbildung im Betrieb zu machen, um auch in der Zukunft besser aufgestellt zu sein. Den Rat habe ich auch befolgt und mit 25 Jahren nochmals beruflich von vorne begonnen. Jetzt stehe ich hier – mit einer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau und mittlerweile auch als Vorarbeiter.

BGL: Welche Motivation hatten Sie, den beruflichen Start in eine ganz andere Branche zu wagen?

Ahmedov: Ein großer Aspekt, mich für eine handwerkliche Ausbildung zu entscheiden, war tatsächlich der Fachkräftemangel – sowohl im Handwerk an sich als auch in der Branche selbst. Damals hatte ich mir bereits ausgemalt, dass ich im Handwerk bessere berufliche Karrierechancen haben werde, weil auch die Fachkräfte immer wertvoller werden. In der IT wäre ich wahrscheinlich einer von ganz vielen gewesen. Die Motivation, mich dann für den Garten- und Landschaftsbau zu entscheiden, war auch einfach dann der Wunsch nach mehr Bewegung und frischer Luft im Arbeitsalltag. Ich wollte nicht den ganzen Tag im Büro sitzen.

BGL: Hatten Sie nicht eventuell auch Unsicherheiten, noch einmal komplett neu anzufangen?

Ahmedov: Damals hatte ich tatsächlich keine Bedenken – man muss auch sagen: zum Glück! Denn wenn ich heute zurückblicke, frage ich mich auch manchmal, wie ich mich in das Abenteuer des Berufswechsels da quasi von heute auf morgen einfach reinstürzen konnte. Ich habe ja meinen bisherigen beruflichen Weg „weggeschmissen“ und von null angefangen, als Auszubildender. Mit meinen zu dem Zeitpunkt 25 Jahren hatte ich vielleicht auch eine gewisse Naivität und keine Ängste.

BGL:  Wie muss ein Unternehmen optimal beim Einstieg in die neue Berufswelt unterstützen? Gibt es da eventuell ein paar Tipps für Unternehmer*innen, die Sie geben können?

Ahmedov: Bei Quereinsteigern und Quereinsteigerinnen darf man als Unternehmen natürlich nicht vergessen, dass man hier teilweise auch noch einmal die branchenspezifischen Grundlagen vermitteln muss. Da sollte man dann als Betrieb Geduld und Verständnis mitbringen und nichts voraussetzen oder zu hohe Erwartungen stellen. Die meisten Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen können natürlich nicht schon in der zweiten Woche selbständige Arbeiten ausführen. Das sollte jedem Unternehmen bewusst sein. Die Organisation von zusätzlichen Seminaren oder Fortbildung ist da auch eine große Hilfe. Besonders bei Fachkräften aus dem Ausland muss auch bei dem „Drumherum“ unterstützt werden – beim Sprache lernen, eventuell bei der Wohnungssuche und allem, was so eine Einwanderung mit sich bringt.

BGL: Wie kann man sich selbst als Quereinsteiger*in auf den Start in die neue Branche vorbereiten?

Ahmedov: So richtig vorbereiten, kann man sich tatsächlich nicht. Es kommt ja bekanntlich immer alles anders, als man es sich vorgestellt hat. Wichtig ist, sein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und sich immer wieder daran zu erinnern, wieso man diesen Schritt der beruflichen Neuorientierung gegangen ist. Es wird alles einfacher mit der Zeit, weil man kontinuierlich Neues dazu lernt und mehr versteht.


Fotoquelle: P. P. Braun

Bildungspreis Gewinner Ahmed Ahmedov

BGL: Was denken Sie: Wie kann man junge Menschen am besten für den Beruf im Garten- und Landschaftsbau begeistern?

Ahmedov: Meiner Erfahrung nach hilft es sehr, den jungen Leuten aufzuzeigen, was sie neben der normalen Praxis und Theorie noch während der Ausbildung erwartet. Da gibt es ja sehr viele Angebote vom BGL, den Landesverbänden und auch vom AuGaLa. Und wenn der Betrieb dann auch noch eigene Angebote mit einbringt, dann hat man eine sehr vielseitige Ausbildung. Neben dem Alltag auf der Baustelle und in der Berufsschule macht man dann vom Betrieb aus auch Ausflüge, besucht Seminare oder absolviert sogar Auslandspraktika. Am Ende hat man so unglaublich viel mitgenommen und viel erlebt.

BGL: Haben Sie in Zukunft beruflich bereits etwas geplant, beispielsweise Fortbildungen oder ähnliches?

Ahmedov: Momentan habe ich immer noch sehr viel Spaß daran, praxisnah zu arbeiten und ich finde, dass die praktische Erfahrung sehr wertvoll ist. Von dieser Erfahrung möchte ich noch möglichst viel sammeln, bevor ich mich dann aus der Praxis ein wenig zurückziehe – also beispielsweise in die Bauleitung gehe. Der Meister und der Techniker im Garten- und Landschaftsbau stehen auch noch auf meinem Plan. Ich habe also noch viel vor.